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Ausstellung „Mütter des Grundgesetzes“

„Frauen und Männer sind gleichberechtigt". Dass dieser uns heute so selbstverständlich erscheinende Satz in Artikel 3 des Grundgesetzes aufgenommen wurde, haben wir den vier "Müttern des Grundgesetzes" zu verdanken: Elisabeth Selbert, Helene Weber, Frieda Nadig und Helene Wessel.

Im Rathaus der Stadt Langenfeld werden die Lebensbilder der vier weiblichen Mitglieder des Parlamentarischen Rates gezeigt. Die Ausstellung würdigt das politische Engagement, das diese Frauen in den ersten Jahren der Bundesrepublik gezeigt haben. Sie haben vor 70 Jahren wesentlich zum Entstehen des Grundgesetzes und zur verfassungsrechtlichen Gleichstellung von Frauen und Männern beigetragen.

Eröffnet wurde die Ausstellung wurde am Mittwochm 29. Mai  von der Gleichstellungsbeauftragten Diana Skrotzki, die diese Wanderausstellung  in Kooperation mit dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend präsentiert und kann bis zum 14. Juni 2019 zu den Öffnungszeiten des Rathauses besucht werden.

Ort:

Rathaus der Stadt Langenfeld
Foyer, 1. OG
Konrad-Adenauer-Platz 1

 Die   Wanderausstellung auf 16 Tafeln des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend kann bis zum 14.06.19 in der Zeit von Mo.- Do. 8.00 – 17.00 Uhr und Fr. 8.00 – 12.00 Uhr besucht werden.

Quelle: Pressemitteilung Diana Skrotzki, Gleichstellungsbeauftragte Stadt Langenfeld

 

Wissenswertes rund um die Ausstellung „Mütter des Grundgesetzes“

 

Vier Frauen waren 1949 im Parlamentarischen Rat der Bundesrepublik Deutschland wesentlich daran beteiligt, dass die Gleichstellung der Geschlechter mit dem Satz „Frauen und Männer sind gleichberechtigt.“ im Artikel 3 ins Grundgesetz aufgenommen wurde. Die Ausstellung „Mütter des Grundgesetzes“ würdigt den Einsatz von Elisabeth Selbert, Helene Weber, Frieda Nadig und Helene Wessel und erinnert daran, dass es weiterhin politisches Engagement braucht, um die Gleichstellung von Frauen und Männern zu erreichen.

 

Bis es dazu kam ist einiges vorausgegangen:

Das Frauenwahlrecht ist nicht einfach vom Himmel gefallen. Das Wahlrecht musste von den Frauen genauso ersehnt, eingefordert und erkämpft werden wie das allgemeine Wahlrecht für die männlichen Bürger. Doch der Weg dahin war für Frauen deutlich länger.

In Deutschland kämpften um 1900 besonders die SPD für das Wahlrecht. Auch engagierte Frauen außerhalb der Sozialdemokratischen Partei setzten sich vehement für das Frauenwahlrecht ein, waren sie doch unabhängig von Alter, Einkommen oder Tätigkeit davon komplett ausgeschlossen. Die gemäßigte bürgerliche Frauenbewegung strebte ein eingeschränktes Wahlrecht an. Die radikaleren sozialistischen Frauen um Clara Zetkin forderten dagegen auf dem ersten internationalen sozialistischen Frauenkongress 1907 in Stuttgart das allgemeine Frauenwahlrecht.

Das Frauenwahlrecht, das für uns heute so selbstverständlich ist, musste sich gegen viele Vorurteile von Männern und Frauen durchsetzen. So wurde Frauen etwa verminderte Intelligenz und durch ihre Gebärfähigkeit eine "natürliche" Bestimmung für den privaten, scheinbar politikfernen Bereich zugeschrieben. Viele weitere politische Schritte mussten in der Folgezeit gegangen, viele weitere Rechte und Ansprüche gesetzlich verankert werden.

Zitat:

„Es ist vor allem klar zu erfassen, dass das Frauenstimmrecht nichts ist als die giftige Frucht am Baume der Frauenemanzipation; wer also das Frauenwahlrecht nicht will, darf die Emanzipation in Ehe, Familie und Beruf nicht zur Blüte kommen lassen.“  (Quelle: Ludwig Langemann Denkschrift des Deutschen Bundestags gegen die Frauenemanzipation Seite 10)

Am 30. November 1918 trat in Deutschland das Reichswahlgesetz mit dem allgemeinen aktiven und passiven Wahlrecht für Frauen in Kraft.

Am 19. Januar 1919 konnten Frauen zum ersten Mal in Deutschland reichsweit wählen gehen und gewählt werden, es fanden allgemeine, gleiche, geheime und direkte Wahlen zur verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung statt. 300 Frauen kandidierten. 37 Frauen - insgesamt gab es 423 Abgeordnete - werden schließlich gewählt. Auch wenn die Wählerinnen in ihrer Mehrzahl den konservativen Parteien ihre Stimme gaben, waren die meisten weiblichen Abgeordneten doch in den Reihen der SPD zu finden.

 

Eine der 37 Frauen die in die Weimarer Nationalversammlung gewählt worden war, war Marie Juchacz (geborene Gohlke; * 15. März 1879 in Landsberg an der Warthe; † 28. Januar 1956 in Düsseldorf) eine deutsche Sozialreformerin, Sozialdemokratin und Frauenrechtlerin. Unter ihrer Leitung wurde am 13. Dezember 1919 die Arbeiterwohlfahrt gegründet. Sie hielt am 19. Februar 1919 als erste Frau eine Rede in der Weimarer Nationalversammlung.

Zitat: „Meine Herren und Damen!“ (Heiterkeit.) „Es ist das erste Mal, dass eine Frau als Freie und Gleiche im Parlament zum Volke sprechen darf, und ich möchte hier feststellen, ganz objektiv, dass es die Revolution gewesen ist, die auch in Deutschland die alten Vorurteile überwunden hat.“

 

Frauenwahlrecht in anderen Ländern

1893 Neuseeland

1959 Tunesien

1906 Finnland

1971 Schweiz

1918 Deutschland

1989/1990 Kantone Appenzell Ausserrhoden Appenzell Innerrhoden

1918 Österreich Polen, Lettland, Luxenburg

1974 Portugal

1928 Großbritannien

1980 Irak

1934 Türkei

1984 Lichtenstein

1944 Frankreich

2015 Saudi-Arabien

1946 Italien

 

1928 Großbritannien

 

1952 Griechenland

 

1953 Syrien

 

1956 Ägypten

 

 

 

Ende der Frauenbewegung im Nationalsozialismus

Im Nationalsozialismus endete erst einmal die Geschichte der Frauenbewegung des 19. Jahrhunderts. Die neuen Machthaber setzten auf eigene Frauenorganisationen und auf einen neuen Frauentyp.

Die ideale Frau sollte sich neben ihrer arischen Abstammung durch Charaktereigenschaften wie Treue, Pflichterfüllung, Opferbereitschaft, Leidensfähigkeit und Selbstlosigkeit auszeichnen. Sie sollte zum Wohle der „Volksgemeinschaft“ vor allem als Mutter ihre Pflicht erfüllen. In allen anderen Fragen wurde ihr nur ein sehr begrenztes Mitspracherecht eingeräumt. Entscheidungen zu treffen sollte den Männern vorbehalten bleiben.

Das Naziregime wendet sich 1935 gegen die Emanzipation der Frau; das ideale Frauenbild ist das der Gattin, Hausfrau und Mutter. Frauen verlieren das passive Wahlrecht

1936 verlieren Frauen das Recht auf Habilitation und das Recht als Rechtsanwältin oder Richterin zu arbeiten

Ab 1937 galt das Berufsverbot für verheiratete, wirtschaftlich gut versorgte Beamtinnen und für verheiratete Lehrerinnen (bis 1950!)

 

 

Die Entwicklung der rechtlichen Frauenpolitik der BRD

 

1949   kam der Verfassungsauftrag mit Art. 3, Abs. 2 in das Grundgesetz,: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“

1952   Inkrafttreten des Mutterschutzgesetzes

1977   Abschaffung der „Hausfrauenehe“

1979   Gesetz zur Einführung von Mutterschaftsurlaub mit Kündigungsverbot und Zahlung von Lohnersatzleistungen

1984   Novellierung der Gemeindeordnung NRW: § 6 a empfiehlt Gemeinden, Gleichstellungsbeauftragte zu bestellen (bis 1990 ist NRW einziges Bundesland mit dieser Aufforderung)

1985   Steuerbereinigungsgesetz: Entlastung für Alleinerziehende

Beschäftigungsförderungsgesetz: Zugang zur Umschulung und Fortbildung für Mütter, die wegen Kindererziehung zeitweise aus dem Erwerb ausgeschieden waren UN-Vereinbarung: Beseitigung jedweder Form der Diskriminierung von Frauen

1986   Das Bundeserziehungsgeldgesetz wird erlassen. Darin enthalten ist auch der Erziehungsurlaub, den Mütter oder Väter für sich in Anspruch nehmen können

Die erste Parlamentarische Staatssekretärin für die Gleichstellung von Frau und Mann beim Ministerpräsidenten des Landes NRW (später Ministerium) wird eingesetzt

1987   wird in Bonn der erste Lehrstuhl für Frauengeschichte gegründet

1988   wird mit Rita Süßmuth erstmals eine Frau Bundestagspräsidentin

1989   verabschiedet NRW das Gesetz zur „Förderung der beruflichen Chancen für Frauen im öffentlichen Dienst“, das Frauenfördergesetz

1994   Novellierung Art. 3 des Grundgesetzes: Frauen und Männer sind gleichbe-rechtigt, der Staat fördert die tatsächliche Gleichberechtigung und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin

1996   erhalten Eltern einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz für Kinder ab dem 3. Lebensjahr

2006   tritt des Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz in Kraft. Ziel des Gesetzes ist es, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder der ethischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

 

 

Kehren wir zurück ins Jahr 1949

Am 8. Mai 1949 versammeln sich in Bonn die 61 Männer und vier Frauen des Parlamentarischen Rates, um über eine provisorische Verfassung abzustimmen - für einen neuen Staat: die Bundesrepublik Deutschland. Am 23. Mai, also vor 70 Jahren trat das Grundgesetz in Kraft.

Die Ausstellung zeigt Lebensbilder der Politikerinnen Frieda Nadig, Elisabeth Selbert, Helene Weber und Helene Wessel. Sie haben als Mitglieder des Parlamentarischen Rates wesentlich zum Entstehen des Grundgesetzes und zu der verfassungsrechtlichen Gleichstellung von Frauen und Männern beigetragen.

 

Ich darf Ihnen die couragierten Damen kurz vorstellen:

 

Frieda Nadig –  die Umsetzerin

Frieda Nadig (SPD) gehörte dem wichtigen Grundsatzausschuss des Parlamentarischen Rates an. Von 1949 bis 1961 war sie Mitglied des Deutschen Bundestages. Im Grundsatzausschuss setzte sich Frieda Nadig energisch für die Aufnahme des Gleichberechtigungsartikels ein.

Elisabeth Selbert –  die   Texterin

Elisabeth Selbert (SPD) stammte aus Kassel und war Juristin. Ihr besonderes Anliegen war die Schaffung eines unabhängigen Rechtswesens, vor allem eines unabhängigen Richteramtes. »Der klare Satz: ›Männer und Frauen sind gleichberechtigt‹ ist so eindeutig, dass wir ihn nicht negativ zu umschreiben brauchen.«, so Elisabeth Selbert 1948 im Parlamentarischen Rat.

Im Grundsatzausschuss am 30. November 1948 war der Satz bereits abgelehnt worden.

Doch auch im Hauptausschuss wurde er am 3. Dezember 1948 ebenfalls abgelehnt. Zwischen Dezember 1948 und Januar 1949 initiierte Selbert einen breiten öffentlichen Protest, Frauenbewegung 1948, so dass im Januar 1949 endlich doch der Beschluss gefasst wurde.

 

Helene Weber –  die Netzwerkerin

Helene Weber, 1881 geboren in Wuppertal (CDU) war eine von drei Mitgliedern des Parlamentarischen Rates, die bereits der verfassunggebenden Nationalversammlung der Weimarer Republik angehört hatten. Helene Weber hatte Romanistik und Volkswirtschaftslehre studiert, als Lehrerin und Leiterin der Sozialen Frauenschule gearbeitet, bevor sie Abgeordnete des Preußischen Landtags und des Reichstags wurde. Die erste Ministerialrätin der Weimarer Republik wurde von den Nationalsozialisten im Juni 1933 wegen „politischer Unzuverlässigkeit“ aus dem Ministerialdienst entlassen.

Die Argumente der im Winter 1948/49 in dieser Frage ungeheuer aktiven außerparlamentarischen Frauenbewegung überzeugten Weber. Sie setzte sich daraufhin auch in ihrer Fraktion für die Formulierung „Frauen und Männer sind gleichberechtigt“ ein.

 

Helene Wessel – die Unbequeme

Helene Wessel vertrat zusammen mit Johannes Brockmann im Parlamentarischen Rat die Deutsche Zentrumspartei. In der Schlussabstimmung über das Grundgesetz im Parlamentarischen Rat am 8. Mai 1949 haben 53 von 65 Abgeordneten mit Ja gestimmt. Helene Wessel hat dagegen gestimmt, es dann als Mitglied dennoch unterzeichnet. Sie hob das Erreichte durchaus positiv hervor, doch ihrer Meinung nach fehlten notwendige Grundrechte. Insbesondere wollte sie mehr Volksabstimmungen als Ausdruck echter Demokratie; darüber hinaus forderte sie die Formulierung des Elternrechts als Naturrecht. Daher verweigerte sie, zusammen mit Johannes Brockmann, dem Grundgesetz ihre Zustimmung aus Gewissensgründen.

Ebenso wie Helene Weber versuchte sie engagiert, Frauen für Politik zu interessieren und sie für eine politische Laufbahn zu motivieren.

 

 

Frauenanteile in der Politik

Doch wie sieht die Situation heute aus? Nach wie vor sind Frauen in der Politik unterrepräsentiert.

Aktuell liegt der Frauenanteil im Bundestag bei 30,9 %. Die Verteilung der Geschlechter im 17. Landtag NRW zeigt nur 27,6 % bei den Frauen.

Und wie sieht es heute in Langenfeld aus?

Sehen wir uns die aktuelle Sitzverteilung im Rat der Stadt Langenfeld an, findet sich hier nur ein Frauenanteil aktuell von 24,4 %

 

RAT

 

Sitze gesamt

Davon weiblich

Davon männlich

Bürgermeister CDU

 

1

0    (0,0 %)

1    (100 %)

CDU

 

23

6    (26,1 %)

17    (73,9 %)

SPD

 

8

3    (37,5 %)

5    (62,5 %)

B/G/L

 

6

0    (0,0 %)

6    (100 %)

GRÜNE

 

5

1    (20 %)

4    (80 %)

FDP

 

2

1    (50 %)

1    (50 %)

 

Summe

 

 

45

 

11    (24,4 %)

 

34    (75,6 %)

 (Stand: März 2019)

 

Eine Bürgermeisterin wurde bislang in Langenfeld noch nie gewählt - Überhaupt, nur 9,6 % Bürgermeisterinnen besetzen diese wichtige Position in deutschen Kommunen.

 

Und so heißt es: Wir machen weiter! Unsere frauenpolitischen Ziele sind:

  • den Anteil der Frauen im Stadtrat zur Kommunalwahl 2020 zu erhöhen
  • jungen Frauen gelungene Vorbilder für politisches Engagement zu zeigen
  • gemeinsam für Artikel 3 Grundgesetz, Abs. 2 „Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ - einzutreten

 

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und viel Freude bei der Sichtung der Ausstellung.

 

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